Autor: Marianne König

Dorfrundgang mit GemeindevertreterInnen

Dorfrundgang mit GemeindevertreterInnen

In Jegenstorf gibt es einige naturnah gestaltete öffentliche und private Grundstücke, die diversen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Dass für weitere Aufwertungen vor allem auch Behörden und Politik in der Pflicht sind, wurde an einer Führung für GemeindevertreterInnen klar.


Das Forum hatte dazu Gemeinde- und Kirchgemeindebehörden, Wegmeister, ParteivertreterInnen und weitere Interessierte eingeladen. Rund zwei Dutzend Personen fanden sich am 11. September 2019 beim Bahnhof zu einem eineinhalbstündigen Dorfrundgang ein. Zu Beginn erläuterte Jan Ryser, der Geschäftsleiter von Pro Natura Bern die gesetzlichen Vorschriften und die Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden im Naturschutzbereich. Er zeigte auf, dass die Gemeinde hier viel Verantwortung und auch Spielraum hat, den es auszunutzen gilt.

Gute und weniger gute Beispiele im Dorf
Nach der Theorie ging es zur praktischen Anschauung unter der Leitung von Beat Haller vom Forum Jegenstorf. Beim Löwenplatz wies er auf die schöne Silberpapel hin, die mit ihrer strukturierten Rinde ökolologisch einen sehr hohen Wert bietet. Bei der Stampfimatt fällt u. a. die Gestaltung des Dorfbaches positiv auf, der Kindern ein naturnahes Spielen erlaubt, aber auch diversen Wasserlebewesen Unterschlupf bietet. Der Grasstreifen seitlich vom Coop ist klein, dank dem, dass er nicht als «englischer» Rasen gepflegt wird, enthält er aber eine Vielfalt an Pflanzen, die wiederum für viele Insekten Nahrung bieten. Solche Wildblumenstreifen könnten z. B. auch am Rand von Rasenflächen bei Blocküberbauungen wie im Säget einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Das gleiche gilt für Hecken mit gemischten einheimischen Sträuchern, die weit wertvoller sind, als die häufig anzutreffenden Kirschlorbeer- oder Thujahecken. Die Route führte zum Schluss zu zwei schönen Trockenbiotopen: demjenigen in der Rosenweg-Überbauung (die mit dem Qualitätszertifikat der Stiftung Natur und Wirtschaft ausgezeichnet ist) und dem artenreichen Biotop «Im Laufe der Zeit» beim Schlosseingang.

Erfahrungen aus Ittigen
Auf dem Schlossvorplatz berichtete zum Abschluss Martin Pauli, der Leiter des Bereichs Umwelt in Ittigen von den Erfahrungen in seiner Gemeinde mit ökologischen Aufwertungen. Er sieht diese auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels als äusserst dringend an. Für die Planung und Umsetzung solcher Aufwertungen müssen innerhalb der Gemeindebehörden entsprechende Verantwortlichkeiten und Strukturen geschaffen werden. Die Aufgaben dürfen nicht einfach an engagierte Private oder Vereine abgeschoben werden.

Fazit
Aus den verschiedenen Vorschlägen und Bemerkungen von Jan Ryser und Martin Pauli sowie den anschliessenden Diskussionen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

  • Der gesetzliche Auftrag zum Naturschutz besteht, aber der politische Wille fehlt häufig.
  • In der Gemeinde müssen Strukturen, Zuständigkeiten, Pflichtenhefte und die nötigen Budgets geklärt bzw. geschaffen werden.
  • Eine für das Thema Umwelt und Natur zuständige Person in der Gemeindeverwaltung bzw. eine Umweltkommission sind wichtig.
  • Wertvolle Lebensräume in der Gemeinde sollten erhoben und mit Verträgen geschützt werden.
  • Jegenstorf verfügt bereits über geschützte Gebiete wie die Biotope Lindeholz in Münchringen und Eglismatt im «Spitalwald» (Glaschpe). Auch Aufwertungen sind erfolgt wie z. B. die Renaturierung von Teilen der Urtene oder die Eichenpflanzung im Gemeindewald (Bollwald). Ausserdem gibt es weitere wertvolle private Waldparzellen sowie artenreiche Wiesen.
  • Auf öffentlichem und privaten Grund bestehen aber noch viele Möglichkeiten und viel Nachholbedarf in Bezug auf artenreiche Gestaltung.
  • Zur Mitfinanzierung von ökologischen Aufwertungen dient in Jegenstorf die «Beitragsverordnung für ökologische Leistungen und die gestalterische Aufwertung des Ortsbildes» von 2012, die es dem Gemeinderat erlaubt, Beiträge an besondere Leistungen von GrundeigentümerInnen und BewirtschafterInnen in den Bereichen Ökologie und Ortsbildgestaltung auszurichten. Diese Finanzierungsmöglichkeit müsste breiter bekannt gemacht werden

Von den Referenten genannte Quellen

Bericht: Marianne König

Dorffest Jegenstorf 2019

Dorffest Jegenstorf 2019

Es muess öppis ga – hilf mit!
Mit diesem Aufruf war das Forum Jegenstorf mit einem Stand am Dorffest präsent.

Bäume pflanzen, Verkehr beruhigen, Bäche renaturieren, Hecken anlegen, Blumenwiesen säen, Lebensräume für Tiere gestalten, Mehr Dunkelheit in der Nacht für Mensch und Natur – für diese Anliegen suchten wir Unterstützung und Meinungen bei den DorfestbesucherInnen. Diese konnten die ihnen wichtigen Themen, die auf einer eigens hergestellten grossen Tafel aufgeführt waren, mit einer Pinnnadel markieren. Tausend solcher Nadeln hatten wir bereitgestellt, glaubten aber im Vornherein nicht so recht daran, dass alle Verwendung finden würden. Umso erfreuter waren wir, dass die Tafel am Ende des Tages von Nadel voll übersät war – nur zwei, drei gebrochene blieben übrig. Ein starkes Statement der Bevölkerung also für ökologische Aufwertung und mehr Lebensqualität in unserer Gemeinde!

Das grosse Interesse für unsere Themen kam auch in lebendigen Gesprächen mit den StandbesucherInnen zum Ausdruck, die uns auch von ihrem eigenen Engagement zugunsten von Artenvielfalt, Renaturierung und Umweltschutz erzählten. Das ging von «Ich nehme vermehrt den Zug, statt das Auto» über «Ich lege neue Asthaufen in meinem Garten an» und «Ich mache meine Nachbarn auf überflüssige Gartenbeleuchtung in der Nacht aufmerksam» bis «Ich möchte auf unserem Hausdach gerne einen Nisthorst für Störche anlegen».

Um die BesucherInnen konkret zu unterstützen, verteilten wir Flyer mit «9 Tipps für einen naturnahen Garten» (von SRF/Mission B) und mit Wildblumensamen gefüllte Teebeutel mit Säanleitung. So hoffen wir, dass nächstes Jahr in unserer Gemeinde einige Quadratmeter mehr Bumenwiesen zu bewundern sein werden.

Daran werden sich wohl auch die Kindergartenkinder freuen, die mit selber gebastelten, an einem Sanddornstrauch besfestigten bunten Schmetterlingen,Vögeln, Spinnen und anderen Tieren zur Attraktivität unseres Standes beigetragen haben. Vielen Dank nochmals auch an dieser Stelle für eure Kunstwerke!

Das Dorffest ist vorbei, aber nicht unser Engagement für die Sache: Wir nehmen das Interesse und die Anregungen der DorffestbesucherInnen als Auftrag, um uns für mehr Artenvielfalt und Lebensqualität in unserer Gemeinde einzusetzen. Die vollgepinnte Tafel mit den sieben Anliegen wird also nicht einfach im Keller verschwinden…

Fotos: Stefan Leisi

Kiesgrubensafari

Kiesgrubensafari

Die Stiftung Landschaft und Kies hat zu einer interessanten Exkursion in und um die Kiesgrube in Mattstetten eingeladen.

«Entdecken Sie mit uns die unerwartete natürliche Vielfalt in und um die Kiesgrube Mattstetten»: Mitglieder des Forums folgten an einem heissen Mittwochnachmittag im Juni dieser Einladung zusammen mit rund 40 weiteren Interessierten.

Der Kies- und Sandabbau
Zuerst erklärte uns Daniel Schüpbach von der K.+ U.Hofstetter AG an einer neu eröffneten Grube das Vorgehen beim Kiesabbau.  Es braucht einen jahrelangen Bewilligungsprozess verbunden mit strengen Auflagen zur Renaturierung, bevor der Abbau beginnen kann. Die Rodung des Waldes und das Abtragen des Waldbodens muss z. B. bei trockenem Wetter geschehen, um eine Verdichtung und damit Zerstörung des Humus zu verhindern. Dieser wurde zusammen mit den gefrästen Wurzelstöcken in grossen Wälmen entlang der Zufahrtsstrasse gelagert. Der Abbau des Kieses erfolgt wandernd, wir konnten also in der Grube verschiedene Schichten des Abbaus sehen. Es darf bis maximal 2 m über Grundwasser abgebaut werden.

Käfer rund um die Grube
Viel Interessantes wusste Lea Kamber, die Spezialistin für holzlebende Käfer zu erzählen. Nur Käfer, Pilze und Bakterien können Holz abbauen und es wieder verwertbar machen. Die im Holz lebenden Käfer haben also eine wichtige Funktion, viele Arten sind aber stark gefährdet. da ihr Lebens- und Entwicklungsraum, d. h. stehendes Totholz, immer mehr fehlt.

Das Käferleben besteht vor allem aus dem Leben als Larve, dieses Stadium kann je nach Art bis 40 Jahre dauern. Als Käfer leben die Tiere dagegen nur kurz: Das Käferstadium dient nur zur Paarung und Eiablage. Dazu brauchen die Käfer Pollen oder Nektar, den sie vor allem auf doldenförmigen Blüten suchen. Die grossen Dolden bieten den nicht eben flugtauglichen Käfern die nötige flache Landefläche.

Er zeigte uns z. B., wie der Kompasslattich, eine der Pionierpflanzen auf einer Ruderalfläche, sich durch die gegen oben gerichtet Blattstellung gegen zu starke Sonneneinstrahlung schützt. Anhand verschiedener Blumen – Färberkamille, Klee, Klatschmohn, Kornblume – erklärte er die verschiedenen Blütenstände und Befruchtungsarten durch Insekten. Die Mohnbiene z.B. liebt Kornblumen als Nahrungspflanze, ihre Nesthöhle tapeziert sie aber mit Blütenblättern der Mohnblume.

Mit den drei engagiert und lebendig vorgetragenen Führungen vergingen die vier Stunden im Flug. Den Abschluss des Anlasses machte ein reichhaltiger von der Hofstetter AG spendierter Apéro, der weitere Gelegenheit zum Austausch gab.

Kiesgrubenführungen finden regelmässig statt, Informationen dazu gibt die Website der Stiftung Landschaft und Kies: www.landschaftundkies.ch

Bericht und Bilder: Marianne König