Rehkitzrettung 2022
2022 war die dritte Saison, in der sich das Forum Jegenstorf an der Rehkitzrettung in unserer Region mit Hilfe einer Drohne und einer Wärmebildkamera beteiligte. Was wir während dieser Saison erlebt haben zeigt, wie wichtig unsere ehrenamtliche Arbeit ist für die Erhaltung unserer einheimischen Arten. |
Einsatz vor Sonnenaufgang und vor dem Arbeitsalltag
Ein kühler Donnerstagmorgen Mitte Mai 2022, an einem steilen Hang in der Region Oberburg. Das schöne Wetter der vergangenen Wochen hat das Gras gut wachsen lassen und die angekündigte sonnige und trockene Woche wird von den Landwirten genutzt, um die ersten Felder zu mähen. Es ist bereits der dritte Tag in Folge, an dem der Wecker um 04 Uhr morgens klingelt. In diesen Tagen mähen alle Landwirte gleichzeitig und unser Ziel als Drohnenpiloten in der Rehkitzrettung ist es, noch vor Sonnenaufgang so viele Felder wie möglich abzufliegen. Je nach Exposition des Feldes ist um 08:30 oder spätestens 09 Uhr Schluss mit Fliegen, denn das Feld ist durch die steigende Sonne bereits zu stark erwärmt und es wird immer schwieriger, auf dem Bild der Wärmebildkamera zwischen einem warmen Mäusehügel, einem besonnten Zaunpfahl oder einem Rehkitz zu unterscheiden.
Dieser Donnerstagmorgen ist ein guter Morgen, denn wir als Team vom Forum Jegenstorf finden unsere ersten drei Rehkitz der Saison. Sie liegen nur wenige Meter voneinander entfernt, zwei in einem Feld und eines gegenüber in einem anderen Feld. Gegen 10 Uhr erscheinen wir im Büro und können unseren Arbeitstag beginnen, während der Landwirt die abgeflogenen Felder mäht.
Eine traurige Rückmeldung
Am Nachmittag machen wir dann die routinemässige Nachfrage beim Landwirt, ob alles gut gegangen sei. Und da kommt die traurige Nachricht: Die Zwillinge in dem einen Feld wären Drillinge gewesen und ein Rehkitz wurde leider von der Mähmaschine erwischt. Das ist in der dritten Saison das erste Kitz, das wir übersehen haben. Wie konnte das nur passieren? Waren wir etwa unaufmerksam, haben uns ablenken lassen? War die Sonne doch schon zu hoch? Haben wir uns in falscher Sicherheit gewähnt, da Rehkitze in den allermeisten Fällen als Zwillinge zur Welt kommen? Oder war das Kitz tatsächlich so gut versteckt im Gras, dass es für uns nicht sichtbar war? Es sind unangenehme Fragen, die man sich als Team in diesem Moment stellen muss.
Dieser Morgen hat uns gezeigt, dass auch die Drohne mit Wärmebildkamera ihre Grenzen hat und es keine 100-prozentige Sicherheit gibt. Unsere Arbeit ist ein Abwägen zwischen Genauigkeit und Geschwindigkeit: Arbeiten wir zu schnell, übersehen wir möglicherweise etwas. Arbeiten wir hingegen zu genau und dadurch langsamer, dann steigt die Sonne und es leeren sich die Akkus der Drohne. In diesem Fall schaffen wir möglicherweise nicht alle Felder, die an diesem Tag gemäht werden sollen.
Weitermachen und sich an vielen Erfolgen freuen
Wir haben nach diesem Ereignis entschieden, weiterzumachen und noch konzentrierter zu arbeiten während den Suchflügen. So haben wir in der Saison 2022 bis Mitte Juni an 13 Einsatztagen insgesamt rund 50 ha abgeflogen und dabei 12 Rehkitz gefunden. Das ist ein tolles Ergebnis und ein neuer Rekord für unser Team. Zwischenfälle wie jenen von Mitte Mai gab es zum Glück keine mehr.
Schweizweit sind die Zahlen für 2022 noch eindrücklicher: Der Verein Rehkitzrettung Schweiz zählte 400 Teams, 27’000 abgeflogene ha und mehr als 3’000 gerettete Tiere. Das sind mehr als 3’000 Rehkitze, die nicht unter einer Mähmaschine ihr Leben verloren haben.
Planung und Vernetzung sind ausschlaggebend
Auch in diesem Jahr konnten wir mit unserem Hegeleiter Daniel Wieland zusammenarbeiten und die Einsätze in der Region rund um Jegenstorf gut planen. Ebenfalls festgestellt haben wir, dass das Interesse der Landwirte an der Rehkitzrettung und an unserer ehrenamtlichen Arbeit weiter gestiegen ist. Deshalb war es nicht immer einfach, die Einsätze zu planen, denn es gab viele Anfragen, manchmal mit weniger als einem Tag Vorlauf. Glücklicherweise nimmt aber auch die Zahl der Piloten in der Region zu, sodass wir uns vernetzen und gegenseitig aushelfen konnten. So ist das Forum Jegenstorf dieses Jahr auch mehrmals zwischen Krauchthal und Oberburg oder im Limpachtal eingesprungen, während uns an anderen Tagen in Bäriswil oder Mattstetten ausgeholfen wurde. Diese Vernetzung ist essenziell, damit möglichst wenig Anfragen wegen Überlastung der Piloten abgelehnt werden müssen.
Weitere Drohnenpiloten sind gesucht
Hättest Du Interesse, Drohnenpilot für die Rehkitzrettung zu werden? Regelmässig organisiert der Verein Rehkitzrettung Schweiz Infoveranstaltungen mit Livedemonstrationen und bietet Ausbildungskurse auch in unserer Region an. Weitere Informationen findest Du auf www.rehkitzrettung.ch.
Bilder in diesem Bericht: ©Tobias Messerli